Temu, Shein und Co. - Das Wichtigste in Kürze:
Temu, Shein, Wish und Co. bieten sehr günstige Produkte aus den verschiedensten Bereichen, wie z.B. Mode, Elektronik, Haushalt und Spielzeug.
Die meisten der dort angebotenen Produkte entsprechen nicht europäischen Qualitäts- und Sicherheitsstandards.
Durch die Herstellung in Niedriglohnländern, die Nichteinhaltung von Umweltstandards, die Umgehung von Zollgrenzen und den direkten Verkauf von Händlern an die Kunden, können die Produkte unschlagbar günstig angeboten werden.
Die Nutzung von Temu, Shein und Co. als Plattform, um eure Produkte darüber anzubieten, kann zu schweren Reputationsschäden führen.
Wir verraten euch, wie ihr euch gegen Billiganbieter behaupten könnt.
“Shoppe wie ein Milliardär” ist ein Werbeslogan des chinesischen Billiganbieters Temu, der, gemeinsam mit anderen Billiganbietern wie Shein oder Wish, gerade den Onlinehandel aufmischt. Der Slogan scheint zu wirken, denn fünf Prozent der Bestellungen im deutschen Onlinehandel machen derzeit alleine Temu und Shein aus. Die beiden Anbieter haben ihren Marktanteil in Deutschland innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt und werden somit zu einer echten Bedrohung für andere Onlinehändler.
Wir verraten euch alles, was ihr über die Billiganbieter wissen müsst und wie ihr euch als Händler gegen sie behaupten könnt.
Was bieten Onlineplattformen wie Temu und Shein an?
Temu
Temu bietet ein breites Spektrum an Produkten, die vor allem durch extrem günstige Preise auffallen. Einige der Kategorien bei Temu sind:
Elektronik: Von Smartphones, Smartwatches, Tablets und anderen smarten Geräten über Powerbanks, Ladegeräte, Kameras und auch elektrische Zahnbürsten, bei Temu gibt es nahezu alles, was man sich vorstellen kann. Besonders beliebt sind witzige Gadgets, wie ein wiederaufladbarer Fusselentferner, ein tragbarer Deckenventilator oder eine USB-betriebene elektrische Fliegenfalle.
Eine elektrische USB-betriebene Fliegenfalle: Braucht man nicht wirklich, klingt aber cool.
Haushalt und Küche: In dieser Kategorie findet sich u.a. Küchenzubehör, Bettwäsche, Event- und Partybedarf, Staubsauger, Badezimmerprodukte und sogar Möbel. Es werden vor allem Produkte angepriesen und als beliebt gekennzeichnet, nach denen vermutlich kein Nutzer von sich aus suchen würde, die aber durchaus nützlich wirken, wie z.B. langlebige Schuhwaschbeutel oder Kiwischäler. Dieser kostet z.B. nur 1,69€. Die anderen Produkte sind ähnlich günstig.
Man muss schon sehr gerne und viele Kiwis essen, damit es sich lohnt, diesen Kiwi-Schäler extra aus China einfliegen zu lassen.
Bekleidung: Temu macht nicht nur deutschen Händlern sondern auch Shein Konkurrenz, da Temu auch Mode verkauft. Shein warf Temu sogar vor, die Designs zu kopieren, obwohl ja auch Shein unter Verdacht steht, Designs anderer Unternehmen nachzumachen. Bei Temu gibt es nicht nur die übliche Damen-, Herren- und Kinderbekleidung, sondern z.B. auch Cosplay-Kostüme, Hochzeitskleider, Umstandsmode, Sportbekleidung, Schuhe und vieles mehr.
Kunst, Handwerk und Nähen: In dieser Kategorie werden u.a. Produkte aus den Bereichen Modell- und Hobbybau, Schmuckherstellung, Handarbeit, Bastelstoffe, Stricken, Malen, Zeichnen & Kunstbedarf angeboten. Auch hier handelt es sich mehr um Ramschprodukte, als um wirklich wertiges Werkzeug, wie z.B. Reißverschlussschieber, Sticker, Kleber und Kreuzstichsets.
Musikinstrumente: In dieser Kategorie gibt es weniger echte Musikinstrumente, als das Zubehör dazu. Von Aufklebern für die Klaviertastatur über Gitarrensaitenreiniger bis hin zu Aufbewahrungstaschen für Instrumente, das Angebot an günstigem Zubehör ist groß. Doch auch echte Instrumente werden teilweise angeboten, wie z.B. Mundharmonikas, Blockflöten, aber sogar ein Saxofon für nur 153€.
Für ein gutes Saxofon bezahlt man im Normallfall mindestens 1000€. Dieses hier ist somit entweder ein echtes Schnäppchen oder einfach nur Schrott.
Bücher: Die einzigen, denen Temu in Deutschland wohl keine Konkurrenz macht, sind die Buchhändler, denn diese werden durch die Buchpreisbindung geschützt. Temu darf also keine Bücher aus Deutschland günstiger verkaufen, abgesehen von Mängelexemplaren oder gebrauchten Büchern. Deshalb finden sich in der Kategorie Bücher bei Temu vor allem fremdsprachige Bücher, darunter die Biografie von Elon Musk auf Chinesisch.
Bei Musk versteht man ja öfter nur Chinesisch, genauso wie in dieser Version seiner Biografie.
Spielzeuge und Spiele: Es gibt bei Temu eine riesige Auswahl an Spielzeug und Spielen, die aber unter Verdacht stehen, dass sie giftige Stoffe enthalten können. Dennoch scheuen viele Eltern nicht davor zurück, ihren Kindern hier günstig Spielzeug zu bestellen, das ansonsten oft mehr als das Doppelte kosten würde. Tatsächlich scheinen viele Produkte denen, die es über Amazon und Co. gibt, genau zu gleichen. Andere wiederum verströmen schon beim Auspacken einen chemischen Geruch und sollten Kindern keinesfalls ausgehändigt werden. Von elektronischem Spielzeug über Kuscheltiere, Puzzles, Puppen und Babyspielzeug bis hin zu Sport- und Outdoor-Spielen ist alles zu haben.
Wirklich gruselig, was bei Temu als Spielzeug verkauft wird.
Shein
Die Produktpalette bei Shein ist nicht so groß wie bei Temu, aber größer, als man es für ein Unternehmen aus dem Modebereich erwarten würde. So gibt es, ähnlich wie z.B. auch bei Otto, Bonprix und anderen Anbietern, Damen-, Herren- und Kindermode, Schuhe, Heimtextilien, Schmuck und Accessoires.
Weitere Kategorien sind u.a.:
Elektronik: Ein Smartphone für 80 Euro und eine Smartwatch für 10€? Das gibt es bei Shein. Ansonsten besticht die Kategorie Elektronik, ähnlich wie bei Temu, aber vor allem durch Zubehörartikel, wie Tastatur-Reinigungsbürsten, Handyhüllen, Kabelhalterungen oder USB-Ventilatoren.
Spielzeuge und Spiele: In dieser Kategorie finden sich vor allem Marketplace-Angebote, d.h. Angebote anderer Anbieter, die über Shein verkaufen. Vom tanzenden Kaktus über Kuscheltiere bis hin zu allerlei Spielzeug oder Spielereien für Erwachsene ist hier alles zu finden.
Produkte von Harry Potter, Disney, Pokemon und bekannte Spiele wie Dobble: Lizenzen wie diese lassen das Spielzeug wertig wirken.
Büro- und Schulbedarf: Auch diese Kategorie besticht mehr durch eigentlich völlig unnötige Spielereien, als durch qualitative Büroutensilien. Von Stiften im Knochen-Look über wie Hühnerflügel geformte Radiergummis bis hin zu Notizblöcken im Look einer angebissenen Schokolade, hier finden sich diverse originelle aber auch oft sehr nutzlose Artikel.
Wirklich ernstzunehmenden Bürobedarf findet man bei Shein kaum.
Werkzeug und Heimwerkerbedarf: Ein 46-teiliges Mechanikerwerkzeugset wird bei Shein für 2,60€ angeboten. Wie sich das für den Anbieter beim Shein Marketplace rechnet und welche Qualität der Kunde da erwarten kann, bleibt offen. Ansonsten sind hier z.B. auch Outdoor-Klappmesser für unter 3€ zu haben, aber auch die üblichen Ramschartikel, wie Kühlschrankaufkleber, Huthaken, Abflussreinigungsbürsten und dergleichen.
Der Preis für diesen Werkzeugsatz kann sich für den Hersteller unmöglich rechnen.
Automobil: Diese Kategorie gliedert sich in Autoelektronik (Diagnosescanner, Dash Cams, GPS-Tracker, etc.), Fahrzeugleuchten, Außenzubehör (Waschsets, Aufkleber, Scheinwerfer-Augenbrauen und dergleichen), Innenzubehör (Deko, Halterungen, Duftbäume, etc.) und Motorradzubehör (Sturmhauben, Smartphone-Halterungen, Helmdeko, Tapes, etc.). Auch in dieser Kategorie kosten die meisten Produkte unter 10€, es handelt sich somit um kein wertiges Motorradzubehör.
Haustierzubehör: Von Hoodies für Hunde über Shampoo-Bürsten bis hin zu Halloween-Kostümen für Haustiere. Diese Kategorie besticht vor allem durch ungewöhnliche Produkte, die aber durchaus Witz haben und unschlagbar günstig sind.
Sieht lustig aus, wird der Katze aber wohl kaum gefallen. Wirklich sinnvollen Tierbedarf findet man bei Shein kaum.
Wie unterscheiden sich Temu, Shein und Co. von anderen Anbietern?
Temu, Shein und ähnliche Plattformen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von traditionellen Onlinehändlern und Marktplätzen wie Amazon oder Zalando. Diese Unterschiede liegen nicht nur im Preis, sondern auch im Geschäftsmodell und der Produktstrategie.
Preisgestaltung
Die auffälligste Differenz ist der Preis. Temu und Shein verkaufen Produkte zu einem Bruchteil des Preises, den westliche Anbieter für vergleichbare Artikel verlangen. Eine Jeans für 13 Euro, eine Smartwatch für 9 Euro oder ein Blutdruckmessgerät für weniger als 7 Euro sind keine Seltenheit. Solche Preise sind für viele Kunden schlicht unschlagbar. Ob wirklich der richtige Blutdruck angezeigt wird, der Akku der Smartwatch lange hält oder die Jeans giftige Stoffe enthält, ist für die Kaufentscheidung dann nebensächlich.
Direktversand aus China
Während viele westliche Plattformen Lagerhäuser in Europa oder den USA unterhalten, versenden Temu und Shein ihre Produkte meist direkt vom Hersteller in China oder in anderen Niedriglohnländern an den Endkunden. Dies senkt die Kosten für Lagerung und Logistik, führt aber oft zu längeren Lieferzeiten.
Temu gibt beispielsweise meist eine Lieferzeit von 5-11 Werktagen an, während Amazon oft schon am nächsten Tag liefert. Dafür erhalten Temu-Kunden bei einer verspäteten Lieferung eine Gutschrift von 5€, was wohl bei vielen Bestellungen mehr ist, als die Ware kostet. Eine Expresslieferung für 6,99€ dauert mit 5-8 Werktagen nicht viel weniger lang und bringt bei Verspätung eine Gutschrift von 7€. Bei Shein ist die Lieferzeit oft sogar noch länger.
Die angegebene Lieferzeit bei Shein ist im Standardversand hier 8-13 Tage (Screenshot vom 15.10.2024).
Geringere Qualitäts- und Sicherheitsstandards
Sich an die in der EU geltenden Sicherheitsstandards zu halten, kann für Unternehmen Mehrkosten bedeuten. Mehrkosten, die sich Unternehmen wie Temu und Shein, beziehungsweise die Hersteller, mit denen sie arbeiten, gerne sparen.
Da die Waren von Plattformen wie Temu und Shein direkt vom Hersteller an die Kunden geschickt werden, kann nicht ausreichend kontrolliert werden, ob sie die europäischen Sicherheitsstandards einhalten.
Giftige, in der EU verbotene Stoffe in Kleidung, Kinderspielzeug und MakeUp? Spielzeug mit Erstickungsgefahr? Elektrogeräte mit Brand- oder gar Explosionsgefahr? Temu und Shein versenden zusammen, nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland, täglich rund 400.000 Pakete in die Bundesrepublik. Es ist unmöglich für den Zoll, sie alle zu kontrollieren, weshalb nur Stichproben möglich sind.
Die Folge: Immer mehr schädliche Produkte finden sich in deutschen Haushalten wieder.
Was ist das Erfolgsgeheimnis der Billiganbieter?
Anbietern wie Temu, Shein, Wish und Co. ist es durch
geringere Produktions- und Personalkosten,
die Nichteinhaltung von Sicherheitsstandards,
den direkten Verkauf vom Hersteller an den Kunden, aber auch durch
die Nutzung von Zoll-Schlupflöchern
möglich, ihre Produkte besonders günstig anzubieten, was für die Kunden natürlich sehr verlockend ist.
Es gibt aber noch weitere Erfolgsgeheimnisse der Billiganbieter.
Temu
Temu ist vor allem durch seine aggressive Werbung bekannt. Es gibt wohl niemanden, der auf seinen Social Media Feeds noch keine Werbung von Temu eingespielt bekommen hat.
Werbeslogans, wie der eingangs erwähnte Slogan “Shoppe wie ein Milliardär” geben den Kunden das Gefühl, bei Temu so viel kaufen zu können, wie sie wollen. Kombiniert mit Gewinnspielen, bei denen große Rabatte oder gar kostenlose Produkte gewonnen werden können, werden die Kunden dazu verleitet, sich die Temu-App aufs Smartphone zu laden und diese täglich zu nutzen.
Shein
Das Erfolgsgeheimnis von Shein ist, dass es das Unternehmen schafft, mit seiner Fast Fashion sehr schnell auf aktuelle Trends einzusteigen. Innerhalb weniger Wochen, manche behaupten sogar innerhalb weniger Tage, gelingt es Shein, neue Designs und Produktlinien in ihren Shop zu bringen. Laut einer Pressemitteilung nimmt Shein täglich über 1000 neue Kleidungsstücke ins Sortiment auf. Das spricht vor allem die Gen Z an, die ständig auf der Suche nach neuen Trends ist.
Die Shein-App trägt auch zum Erfolg des Unternehmens bei. Sie erinnert mehr an ein soziales Netzwerk oder an ein Smartphone-Spiel, als an eine klassische Shopping-App. So bekommen die User zum Beispiel Punkte für die tägliche Öffnung der App oder wenn sie Reviews schreiben. Die Punkte können dann in Gutscheine umgewandelt werden.
Zudem arbeitet Shein sehr viel mit Social Media und schafft es, internationale Stars, wie z.B. Katy Perry, für sich werben zu lassen.
Auch im Influencer Marketing ist Shein sehr aktiv. So gelingt es dem Unternehmen, die junge Generation als Kunden sehr stark an sich zu binden.
Was sind die Probleme mit Temu, Shein und Co.?
Nicht nur Kunden, sondern auch Hersteller, die mit dem Gedanken spielen, ihre Produkte jetzt oder in Zukunft über Temu, Shein und Co. zu verkaufen, sollten sich lieber zweimal überlegen, ob sie die Plattformen nutzen wollen. Die Plattformen stehen wegen verschiedener Probleme in der Kritik, welche auf eure Reputation als Händler abfärben könnte. Einige davon sind:
Mangelnde Produktsicherheit
Wie bereits erwähnt, erfüllen viele der über Temu und Shein verkauften Produkte nicht die EU-Vorschriften. Fehlende oder gefälschte CE-Kennzeichnungen, unsichere Spielzeuge und Elektronikprodukte, die gefährlich sein können, sind weit verbreitet.
Der TÜV-Verband kritisiert, dass der Direktverkauf über Plattformen massenhaft unsichere Produkte auf den europäischen Markt bringt. Temu gibt zwar an, Produkte sofort zu überprüfen und gegebenenfalls vom Markt zu nehmen, wenn der Verdacht auf Sicherheitsmängel oder auch auf Fälschungen besteht, wie und ob dies tatsächlich umgesetzt wird, bleibt aber fraglich.
Im Fall von Shein ergab ein Test von Ökotest sogar, dass zwei Drittel der Produkte so voller giftiger Chemikalien sind, dass sie keinesfalls verwendet werden sollten. Auch das beste getestete Produkt von Shein bekam lediglich die Note “ausreichend”.
Achtung: Auch wenn ihr selbst über Temu, Shein und Co. sichere Produkte verkaufen wollt, die den EU-Vorgaben entsprechen, könnte es zu Problemen für euch kommen, zum Beispiel was die Wahrnehmung der Kunden betrifft. Diese könnten eure Produkte auch als Ramschprodukte oder qualitativ minderwertige Produkte wahrnehmen.
Umweltschäden und Fast Fashion
Abgesehen von den immensen Umweltschäden, die alleine schon durch das erhöhte Luftfrachtaufkommen durch Unternehmen wie Temu und Shein entstehen, ist ein Großteil der dort verkauften Produkte von so geringer Qualität, dass diese innerhalb kürzester Zeit auf dem Müll landen.
Shein z.B. ist ein Paradebeispiel für die negativen Auswirkungen von Fast Fashion. Die Produkte werden in großen Mengen produziert, oft ohne Rücksicht auf die Umwelt. Die kurze Lebensdauer dieser Kleidung führt dazu, dass viele Kleidungsstücke nach wenigen Wochen entsorgt werden. Das Ergebnis ist eine erhebliche Belastung für die Umwelt durch übermäßigen Textilabfall, der noch dazu hochgiftige Chemikalien enthält.
Achtung: Verkauft ihr eure Produkte über Temu, Shein oder ähnliche Anbieter, kann das eurer Reputation schaden, da ihr nicht mehr als nachhaltig agierende Händler wahrgenommen werdet. Die Billiganbieter versuchen zwar, sich durch diverse Kampagnen von dem Image als Umweltsünder zu lösen (Temu zum Beispiel gibt an, mit der Aktion Trees for Future bereits Millionen von Bäumen gepflanzt zu haben), sie können damit aber bislang nicht davon ablenken, wie umwelt- und klimaschädlich ihr System tatsächlich ist.
Rund 15 Millionen Bäume will Temu mit Trees for Future seit Juli 2023 bereits gepflanzt haben (Stand 15.10.2024).
Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern
Die extrem niedrigen Preise, die Temu und Shein bieten, sind oft nur durch schlechte Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern möglich. Berichte über Fabriken, in denen Arbeiter unter unsicheren und ausbeuterischen Bedingungen arbeiten, sind keine Seltenheit. Es geht hierbei nicht nur um niedrige Löhne und unbezahlte Überstunden, sondern auch um die Sicherheit der Arbeiter, an der die entsprechenden Hersteller leider auch extrem sparen. Sicherheitsvorschriften wie in der EU sind in Niedriglohnländern leider nicht die Regel. Auch haben die Arbeiter kaum Rechte. Gewerkschaften sind oft nicht erlaubt oder werden unterdrückt.
Achtung: Auch in diesem Fall könntet ihr als Händler eurer Reputation schaden, wenn ihr bei Temu und Co. verkauft, und ebenfalls als ausbeuterischer Hersteller wahrgenommen werden. Tatsächlich unterstützt ihr, wenn ihr bei Temu verkauft, indirekt dieses ausbeuterische System, selbst wenn euer Unternehmen gute Arbeitsbedingungen vorweisen kann.
Mangelnde Transparenz und Verbraucherschutz
Die mangelnde Transparenz bei Plattformen wie Temu und Shein ist ein großes Problem, das viele Kunden betrifft. Oft wissen Verbraucher nicht genau, woher die Produkte stammen oder unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Diese fehlende Information erschwert es, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen, besonders im Hinblick auf ethische und ökologische Aspekte.
Ein weiteres Problem ist das Fehlen klarer Ansprechpartner innerhalb der EU. Kunden, die nach dem Kauf mit Problemen wie defekten Produkten, fehlenden Rückerstattungen oder fehlerhaften Lieferungen konfrontiert sind, stoßen oft auf langwierige und komplizierte Rückgabeprozesse. Häufig gibt es keine klaren Rücksendeadressen oder Supportstellen, was es schwierig macht, Waren zurückzuschicken oder Reklamationen geltend zu machen. In vielen Fällen sind die Rückgabe- und Garantiebedingungen auch nicht ausreichend transparent oder entsprechen nicht den in der EU geltenden Verbraucherschutzbestimmungen.
Wie können Händler sich gegen die Billiganbieter behaupten?
Der Versuch, preislich mit Anbietern wie Temu, Shein und Co. mithalten zu können, ist für Händler innerhalb der EU von vornherein zum Scheitern verurteilt. Es ist einfach unmöglich, die Preise für eure Produkte so weit zu senken, ohne dass dabei die Qualität der Produkte oder die Arbeitsbedingungen eurer Mitarbeiter schlechter werden oder ihr eure Produktion gleich nach China verlegen müsst. Es gilt somit eine andere Strategie zu entwickeln, mit der ihr euch und euer Angebot von den Billiganbietern abheben könnt.
Eine Umfrage des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH zeigt, dass die Verbraucher mit Blick auf Temu und Co. verunsichert sind. 60 Prozent der Verbrauchererscheinen die Portale der Billiganbieter als zu unsicher. Vor allem Besserverdiener, Männern und Personen über 50 haben große Vorbehalte. Sie fürchten, dass die Qualität der bestellten Artikel minderwertig ist.
Hier könnt ihr euch als Unternehmen mit qualitativen Produkten hervorheben und eure Vorteile gegenüber den Billiganbietern klar kommunizieren:
Qualität statt Quantität: Ein wesentlicher Unterschied zwischen traditionellen Händlern und Billiganbietern ist die Produktqualität. Legt als Händler euren Fokus auf qualitativ hochwertige und langlebige Produkte. Durch Garantien, Zertifizierungen und klare Qualitätsversprechen könnt ihr das Vertrauen der Kunden gewinnen.
Nachhaltigkeit und Ethik betonen: Auch wenn vielen Menschen, die bei Billiganbietern bestellen, Nachhaltigkeit egal zu sein scheint, so wächst die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten doch stetig. Ihr könnt euch als Hersteller und Händler durch umweltfreundliche Produktionsprozesse, recycelbare Materialien und faire Arbeitsbedingungen von den Billiganbietern abgrenzen. Ihr sprecht so eine bewusste Käuferschaft an, die bereit ist, für ethisch einwandfreie Produkte mehr zu zahlen.
Personalisierte Kundenansprache und exzellenter Service: Während Billiganbieter auf Masse setzen, können kleinere Händler durch persönlichen Kundenservice und individuelle Ansprache punkten. Kundentreueprogramme, maßgeschneiderte Angebote und eine exzellente Betreuung können langfristige Kundenbindungen schaffen.
Schnellere Lieferzeiten und einfache Rückgabe: Ein Vorteil, den ihr als Händler in der EU habt, ist die Nähe zu euren Kunden. Wie bereits erwähnt, haben Billiganbieter wie Temu und Shein eine vergleichsweise hohe Lieferzeit und intransparente Rücksendebedingungen. Mit einer guten Logistik könnt ihr euren Kunden eine wesentlich schnellere Lieferzeit bieten. Auch mit einfachen und transparenten Rückgabemöglichkeiten könnt ihr euch von den oft komplizierten und langwierigen Abläufen bei Billiganbietern abheben.
Kunden von Temu bemängeln vor allem die Produktqualität und Probleme beim Reklamieren der Ware. Hebt daher eure Qualität und euren exzellenten Kundenservice hervor, um die Kunden für euch zu gewinnen.
Wie reagiert die Politik auf Temu, Shein und Co.?
Die Politik hat zwar relativ spät angefangen, auf Billiganbieter wie Temu und Shein zu reagieren, ist nun aber bereits aktiv geworden und plant auch weitere Schritte.
Einen wichtigen Schritt zur besseren Kontrolle des Onlinehandels hat die Europäische Kommission mit dem Digital Service Act (DSA) gemacht. Dieser ist seit Februar 2024 in Kraft.
Der Digital Service Act sieht vor, dass sehr große Online-Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU strengen Transparenz- und Sorgfaltspflichten unterliegen. So müssen die Plattformen z.B. Risikobewertungen durchführen, Werbeanzeigen und deren Targetings transparent machen und dafür sorgen, dass unsichere Produkte nicht vertrieben werden. Nun muss die Umsetzung des DSA nur noch umfassend kontrolliert werden, was aber aufgrund der Menge an von Temu, Shein und Co. versendeten Waren eigentlich unmöglich ist, weshalb nur Stichproben stattfinden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will Unternehmen wie Temu und Shein bald noch mehr in die Pflicht nehmen und entwirft hierfür einen “Aktionsplan E-Commerce”. Dieser Aktionsplan soll sicherstellen, dass auch Händler aus Drittstaaten die bestehenden Vorschriften in der EU umsetzen müssen, wenn sie ihre Waren dort verkaufen möchten. Das soll sowohl für die geltenden Standards bei Produktsicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz als auch beim Zoll- und Steuerrecht gelten. Wie genau der Aktionsplan umgesetzt werden soll, ist aber noch nicht bekannt.
Zumindest Shein signalisiert Zustimmung zu den Plänen von Robert Habeck. Das Unternehmen sei fest entschlossen, die deutschen und europäischen Gesetze einzuhalten, so eine Sprecherin des Unternehmens. Temu hingegen hat sich dazu nicht geäußert.
Fazit
Ob Billiganbieter wie Temu, Shein, Wish, Aliexpress und Co. in Zukunft tatsächlich die in Deutschland und der EU geltenden Gesetze einhalten werden und dann nur noch Produkte verkaufen, die unseren Qualitäts- und Sicherheitsstandards entsprechen, ist fraglich. Selbst wenn sie dies tun, so bleibt das Problem mit den Produktionsbedingungen in Niedriglohnländern bestehen. Es wird somit noch lange Zeit dauern, bis die Plattformen als seriös und vertrauenswürdig wahrgenommen werden.
Dies könnt ihr als Vorteil für euch nutzen, indem ihr die Qualität eurer Produkte und die Vertrauenswürdigkeit eures Unternehmens hervorhebt und euch somit von Billiganbietern klar abgrenzt. Zeigt euch als nachhaltiges Unternehmen mit guten Arbeitsbedingungen in allen Bereichen, das Wert auf die Qualität der eigenen Produkte und die Zufriedenheit der Kunden legt. Nutzt ihr zudem weitere Vorteile, wie z.B. die kürzere Lieferzeit, für euch, könnt ihr eine stabile und kaufkräftige Kundenbasis aufbauen und müsst Billiganbieter nicht als Konkurrenz fürchten.